Wackelkontakt – Wolf Haas zwischen Spannung und Sprachspiel

Es gibt Bücher, die erzählen eine Geschichte. Und dann gibt es Bücher, die erzählen eine Geschichte so, dass man sie nicht einfach nur liest, sondern regelrecht inhaliert. Wackelkontakt, der neue Roman von Wolf Haas, gehört zur zweiten Sorte. Und das liegt nicht nur an der Handlung, sondern vor allem an der unverwechselbaren Art, wie Haas mit Sprache jongliert – als würde er die Wörter auf eine wackelige Hängebrücke schicken und dann gespannt zuschauen, wer durchhält.

Ein Mordfall und ein Mensch mit lockerem Draht zur Realität

Worum geht’s? In Wackelkontakt stehen ein Mordfall und ein merkwürdiger Ich-Erzähler im Mittelpunkt. Der Protagonist, der sich selbst in einer Art nebligem Dämmerzustand befindet, hat den sprichwörtlichen „Wackelkontakt“ zur Welt. Seine Wahrnehmung ist flirrend, lückenhaft, nicht immer logisch – ein Spiel mit der Perspektive, das Wolf Haas auf die Spitze treibt.

Wer Haas kennt, weiß, dass er sich nie mit einfachen Erzählstrukturen begnügt. Stattdessen zieht er die Leserinnen und Leser in einen Sprachsog hinein, in dem Sätze plötzlich abbrechen, sich um sich selbst drehen oder einen unerwarteten Haken schlagen. Alles folgt einem eigenen Rhythmus, einer eigenen Musik, die den Haas’schen Stil ausmacht: kurz, lakonisch, manchmal absurd komisch und dann wieder tief melancholisch.

Sprachwitz als Markenzeichen

Wie immer ist es nicht nur die Handlung, sondern vor allem die Sprache, die den Haas-Faktor ausmacht. Sätze, die sich wie Gedankensplitter anfühlen, ein Erzähler, der sich immer wieder selbst hinterfragt, Wortspiele, die irgendwo zwischen Genie und Slapstick schwanken. Wer Haas mag, wird sich in diesem Buch sofort heimisch fühlen. Wer Haas noch nie gelesen hat, muss sich vielleicht ein wenig eingrooven – aber es lohnt sich.

Denn Wackelkontakt ist nicht nur ein Kriminalroman, sondern eine Reflexion darüber, wie brüchig unsere Wahrnehmung sein kann. Wie Erinnerungen uns trügen, wie Geschichten sich selbst erzählen und wie man manchmal nur einen halben Satz braucht, um eine ganze Welt aufzureißen.

Fazit: Einmal Haas, immer Haas

Wackelkontakt ist ein typischer Haas – was bedeutet, dass er untypisch ist. Ein Buch, das sich nicht brav an die Regeln hält, sondern sie lustvoll umgeht. Man könnte sagen: ein Kriminalroman mit Wackelkontakt. Und genau das macht ihn so lesenswert.

Link: https://amzn.to/43KL3JG