Umlaufbahnen von Samantha Harvey: Eine Reise durch Erinnerung und Bewusstsein

Kennt ihr das Gefühl, wenn man ein Buch zur Hand nimmt und schon nach den ersten Seiten merkt, dass man es nicht mehr aus der Hand legen kann? Genau so ging es mir mit „Umlaufbahnen“ von Samantha Harvey. Dieses Buch ist eine jener seltenen Perlen, die mich zutiefst bewegt und überrascht haben. Harvey nimmt uns auf eine elegante Erzählreise, durch die unendlichen Weiten von Gedächtnis und Bewusstsein.

Die Geschichte entfaltet sich langsam um ihren Protagonisten, der mit dem Verlust seines Gedächtnisses zu kämpfen hat. Es ist eine intime Ergründung dessen, was es bedeutet, jemandem nah zu sein und gleichzeitig von der eigenen Geschichte entfremdet zu sein. Und genau diese Thematik hat mich total in ihren Bann gezogen. Während ich las, stellte ich mir immer wieder die Frage: Wie würde ich damit klarkommen, wenn meine Erinnerungen verschwunden wären, die all die Momente ausmachen, die mich zu dem machen, was ich bin?

Harveys Schreibstil ist dabei so flüssig und melodisch, dass man fast vergisst zu atmen. Ihre Worte klingen in den Gedanken nach wie ein perfektes Lied, das man immer wieder hören möchte. Vielleicht ist es die Wortgewandtheit oder die erstaunliche Tiefe, mit der sie das Buch durchzogen hat, aber die Prosa fühlt sich an wie ein Gespräch mit einem alten Freund. Mir fiel es schwer, das Buch zur Seite zu legen, da jede Zeile so reich an Bedeutung ist.

Ein besonderes Highlight des Buches ist die Art, wie es seine zentralen Themen – Identität, Beziehung und das Paradox des Erinnerns – angeht. Es geht nicht nur um die Nostalgie der vergangenen Zeiten oder die Wunden der Vergangenheit, sondern um die Art, wie wir uns durch Erinnerungen definieren und formen. Diese Themen sprechen tiefsitzende Fragen an, die ich während meiner Lesezeit mit mir herumgetragen habe: Was bleibt von uns, wenn alles um uns herum in Vergessenheit gerät?

Natürlich ist nicht alles in „Umlaufbahnen“ aus Johann’s Sicht perfekt. Es gibt Momente, da ich das Gefühl hatte, die Erzählung dreht sich etwas im Kreis. Aber dieses wiederkehrende Motiv könnte auch als Metapher für die Natur der Erinnerungen verstanden werden, die immer wiederkehren und sich in unserem Geist spiralartig entfalten und zurückziehen.

Am Ende ließ mich das Buch mit einer tiefen Reflektion über meine eigenen Erinnerungen zurück und regte an, über die oft verworrenen Bahnen des menschlichen Denkens nachzudenken.

Doch zurück zur entscheidenden Frage: Für wen eignet sich dieses Buch und sollte man es lesen?

Ja, wenn du ein Fan von literarisch anspruchsvollen und emotional aufgeladenen Geschichten bist, die deine Vorstellung von Identität infrage stellen und zu einem intimen Dialog mit dem Selbst einladen.

Nein, wenn du eher auf der Suche nach schnelllebigen Storylines mit klaren, linearen Erzählungen und wenig introspektiven Implikationen bist.

Insgesamt ist „Umlaufbahnen“ eine Leseerfahrung, die mehr als nur ein Buch ist – es ist eine Entdeckungsreise durch die subtilsten und feinsinnig reflektierten Aspekte unserer Existenz. Für jemanden, der offen für diese Art von emotionalen, nachdenklichen Erfahrungen ist, empfehle ich, in diese außergewöhnliche Erzählung einzutauchen. Es gibt keine klaren Antworten, aber genau das macht die Reise umso lohnenswerter.

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